Mamasein

Offline ist das neue Schwarz: Weniger Smartphone, mehr Familie

Weniger Smartphone und mehr Familienzeit geniessen. Ein paar Gedanken.

Nur mal kurz WhatsApp checken. Ein Datum für das nächste Playdate fixieren. Schnell gucken, was auf Instagram und Facebook läuft. Vielleicht noch ein paar Rezepte für das Mittagessen recherchieren. Am besten auf YouTube gleich die Kochsendung dazu anschauen. Oh die Minis spielen gerade so schön, da zücke ich doch ruckzuck meine Handycam. Und hat nicht das Telefon geklingelt, als ich unter der Dusche war? Wer mag das gewesen sein? Ah, da ist eine Voicemail eingegangen! Na, was sagt denn meine Wetter-App? Ich muss schliesslich wissen, was ich den Kindern anziehen soll…

Der omnipräsente Alltagsbegleiter

Das Handy ist zu einem omnipräsenten Alltagsbegleiter geworden. Es gibt Tage, da frage ich mich, wie um alles in der Welt wir früher ohne dieses kleine, mobile Gerät überhaupt überleben konnten. Stellt euch vor, wir haben Treffen vereinbart und uns daran gehalten. Weil wir schlichtweg nicht die Möglichkeit hatten, 5 Minuten vorher abzusagen. Heute tragen wir das Smartphone stets bei uns und wer versehentlich mal ohne aus dem Haus geht, fühlt sich irgendwie nackt und aufgeschmissen. Verrückt, oder? 

Das Mobilephone lässt sich aus unserem Leben nicht mehr wegdenken. Und doch ist es Fluch und Segen zugleich. Ein Segen, weil es uns den Alltag leichter macht und uns jede Menge Vorteile bietet. Vor vier Jahren als Neo-Mama war ich froh, dass meine vielen Fragen, die ich mit einem Neugeborenen hatte, im Netz und in Mütter-Foren beantwortet wurden. Durch soziale Netzwerke und Nachrichten von Freundinnen fühlte ich mich eingebunden und verstanden. Ich war Teil einer Mama-Community, trotz weniger Bewegungsfreiheit. Meine Kamera lief auf Hochtouren. Jeden Moment mit meinem Baby wollte ich fotografisch konservieren.

Gefangen im Netz der unnötigen Informationen

Was aber löst der elterliche Handykonsum bei unseren Kindern aus? «Mami, liest du mir was vor? Leg doch mal dein Handy weg!» Die Aufforderung meiner Tochter an mich. Und sie stimmte mich nachdenklich. Dieser kleine, bald vierjährige Mensch forderte mich auf, ihm meine ganze Aufmerksamkeit zu schenken und hielt mir den Spiegel direkt vors Gesicht. Wie recht sie doch hatte! Wie schnell zieht einen diese faszinierende, digitale Welt in ihren Bann. Wie schnell verfängt man sich in ihren Netzen. Verliert sich in all den Angeboten, die der leuchtende Bildschirm für uns bereithält. 

Auf unserem Rundgang durch die Datenwelt surfen wir von einem aufmerksamkeitsheischenden Gimmick zum nächsten. Wir vergeuden Zeit mit Dingen, die wir eigentlich gar nicht sehen und nicht wissen wollen. Wir erfahren, dass Max einen auf dem Foto unappetitlich anmutenden Döner verspeist und Doris sich wie ein Lederapfel auf einem aufblasbaren Einhorn räkelt. Wir vergleichen uns mit anderen Müttern und sind frustriert, weil deren Kinder scheinbar bereits durchschlafen, immer gut gelaunt sind und schon das ABC rückwärts aufsagen können. In Chinesisch. Wir warten an Bahnhöfen, sitzen in Trams, spazieren durch die Stadt mit dem Bildschirm vor den Augen. Und die Welt zieht verschwommen an uns vorüber…

Wir sind überall, nur nicht bei den Kindern

Im Buch «Wir sind überall, nur nicht bei uns» von Georg Milzner habe ich gelesen, dass sich Kleinkindunfälle dramatisch gesteigert haben, nachdem sie vor 2007 – als mobile Endgeräte zu boomen begannen – rückläufig gewesen waren. Als Ursache wird mit ziemlicher Sicherheit die mentale Abwesenheit von Eltern angenommen, die mit ihrem Smartphone oder Tablet beschäftigt waren. Nur mal schnell eine Nachricht checken, während das Kind auf der Rutsche oder der Schaukel sitzt… Der Instinkt, der uns zur Sorge um unsere Kinder treibt, wird ausser Kraft gesetzt. Und schon ist das Unglück passiert. Ist das nicht tragisch? Das hat mir echt zu denken gegeben.

Nun möchte ich hier gar keine Moralpredigt halten. Sondern mich selber und alle, die sich angesprochen fühlen auffordern, unsere Aufmerksamkeit zu Gunsten unserer Kinder zu kanalisieren. Wir Eltern sollten den eigenen Handykonsum ein wenig im Blick behalten und diesen ab und an überprüfen.

«Denn ein Mensch, der intensiv wahrgenommen wird, muss bedeutsam sein. Und genauso erleben wir es als Kinder, wenn wir einen wohlmeinenden, intensiven Blickkontakt spüren. Wir erleben Interesse, Anteilnahme, Begegnung. Und alles dies vergeht in dem Augenblick, wo jemand seine Aufmerksamkeit etwas anderem zuwendet: einer Fernsehserie, der Tageszeitung oder, zeittypisch, dem Smartphone», konstatiert Milzner.

Ein paar Tipps für mehr Aufmerksamkeit

  • Schafft euch im Alltag bewusst offline-Inseln
  • Führt einen komplett handyfreien Abend pro Woche ein und spielt stattdessen ein Gesellschaftsspiel, lest ein Buch, schaut einen Film, entspannt euch in der Badewanne…
  • Verbannt das Smartphone strikt vom Familientisch und lasst euch ausschliesslich durch den Duft des Essens berieseln
  • Lasst das Handy auf dem Spielplatz lautlos in der Tasche liegen und guckt euch stattdessen die leuchtenden Kinderaugen an. Macht einfach mal keine Fotos.
  • Verlegt den Handygebrauch auf den Mittagsschlaf oder auf die Abendstunden, um tagsüber ganz für die Kinder da zu sein
  • Verzichtet in den Ferien mal komplett auf das Smartphone und lest stattdessen ein spannendes Buch
  • Checkt beim iPhone unter Einstellungen/Bildschirmzeit wie lange ihr täglich in euer Handy guckt. Setzt Limiten

Erzählt doch mal

Wie handhabt ihr das alles? Schafft ihr euch im Alltag und im Beisein eurer Kinder ebenfalls bewusst gewisse offline Zeiten, oder ist es für euch längst völlig normal, ja vielleicht sogar ein begrüssenswerter Zustand, per Handy wirklich immer erreichbar und online zu sein? 

Weniger Smartphone und mehr Familienzeit geniessen. Ein paar Gedanken.

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Bilder: © Cad Madden via unsplash

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