Text Sabrina Forrer – Klar, Geschwisterstreit ist irgendwie wichtig. Die Geschwister agieren gegenseitig als Sparring-Partner. Sie lernen Grenzen kennen, spüren, was bei deren Übertretung geschieht. Lernen mit unterschiedlichen Gefühlen klarzukommen, zu verhandeln, zu argumentieren und einen gemeinsamen Schlüssel fürs vorliegende Problem zu finden.
Die Auseinandersetzungen sind vielschichtig. Als Eltern sind wir hier, um die Bedürfnisse der Kinder hinter dem Zank zu erkennen. Demnach greifen wir oft moderierend ein, helfen unseren Kindern, ihre Anliegen zu formulieren und suchen gemeinsam nach Lösungen. Wir erkennen die Situationen bislang in sekundenschnelle, trösten, schlichten und nicht selten reflektieren wir unser eigenes Verhalten im Anschluss. Wir sind uns in der Regel auch der Geltung unserer eigenen Begegnung auf das Streitgefüge bewusst. Wir wollen unseren Kindern keine Täter- oder Opferrolle überstülpen.
Trotzdem, hin und wieder sind die Geschwisterstreitereien für uns Eltern auch mal schlicht ermüdend und kräfteraubend. Für den elterlichen Kampf gegen das kindliche Gezanke habe ich mir einige Ideen überlegt. Ganz im Sinne eines klassischen, logischen Widerspruchs.
Grundgedanken, dem Geschwisterstreit vorzubeugen
- Keine Vergleiche: Die Vorzüge und Besonderheiten eines einzelnen Kindes kann man auch komplett ohne Vergleiche herausheben. Auf Sätze wie „Schau mal, wie schön deine Schwester isst“ verzichte ich deshalb sehr bewusst.
- Die neuralgischen Streitpunkte umschiffen: Bei uns wollen die Mädchen beispielsweise immer aus dem selben Teller essen und aus dem selben Becher trinken. Bei unserer heterogenen Kindergeschirrauslage entflammte in der Folge vor jedem Essen ein kleiner Streit. Eines Morgens kaufte ich kurzerhand alles in doppelter Ausführung und seither ist dieser Streitstolperstein wie weggezaubert.
- Geschichten erzählen, in denen die drei quasi als „Löwenherz-Geschwister“ hervorgehen, weil sie gemeinsam etwas Gutes geschafft, sich geholfen oder aber besonderen Spass hatten.
- Regelmässiges Erzählen von Märchen, in denen Geschwister stark zusammenhalten (Die sieben Geisslein, Brüderchen & Schwesterchen, Schneeweisschen & Rosenrot, etc.)
- Einzelkindtag: Wir unternehmen abwechselnd mit jedem Kind was ganz alleine. So können wir mal nur für eines da sein und haben ein Auge für seine Taten und ein Ohr für seine Geschichten. Wirkt bei uns total beruhigend und stärkt das Selbstbewusstsein des Kindes.
Alltägliche Streitszenarien etwas dimmen
- Raus an die frische Luft! Immer wenn hier schlechte Stimmung aufkommt, gehen wir raus. Bei Wind und Wetter, es hilft wirklich immer. Mit der Luft verändern sich die gesamte Dynamik, die Energie der Kinder und diejenige von mir.
- Sind die Kinder bereits in einen Streit verwickelt, versuche ich quasi das Konfliktdreieck flach zu halten. Ich stelle mich nicht grundsätzlich auf eine Seite und bleibe selber ruhig. Oft hilft hier auch etwas Tolles vorzuschlagen, was allen gefällt. Wenn sie einsteigen, ist der Streit Geschichte.
- Bei gelindem Geschwisterstreit nicht einschreiten. Einfach machen lassen, im Zweifel sogar die Türe schliessen. Wo kein Schiedsrichter ist, macht auch streiten halb so grossen Spass.
Und wenn der Streit mal nicht geschlichtet werden kann
- Dann kann es helfen, die Kinder vorübergehend zu trennen. Sie sollen sich vorerst in unterschiedlichen Spielbereichen aufhalten, bis sie sich beruhigt haben.
- Oftmals beherbergt ein Geschwisterstreit einen Subtext: Das Bedürfnis nach „Gesehen werden“. Ein bisschen ungeteilte Mamatime kann hier goldrichtig sein. Eventuell Wecker stellen und je eine halbe Stunde ganz für ein einzelnes Kind da sein.
- Staatsfeind Nr. 1 ist Mama. Wenn wirklich alle Stricke reissen, lässt sich noch ein letztes Register ziehen. Die Kinder an eine unliebsame Aufgabe erinnern: Zimmer aufräumen, für eine Prüfung lernen, ein Ämtli im Haushalt erledigen. Mamagemeckere wirkt Wunder gegen Geschwisterstreit. Und plötzlich halten die Streithähne wieder zusammen wie Bonny & Clyde.
Ich glaube aber schwer, dass im Grunde auch hier das allerwichtigste das schlichte Vorleben ist. Es hilft glaub ich sehr, sich seiner eigenen Streitkultur bewusst zu sein. Bleibe ich respektvoll, wenn ich streite oder schimpfe? Wie kommuniziere ich in einer Streitsituation? Themen, über die man auch mit kleinen Kindern schon sehr gut philosophieren kann: Was macht mich wütend? Wie gehe ich mit meiner Wut um, was kann ich tun? Was würde ich gern tun aber darf es nicht? Wie können wir wieder Frieden schliessen und diesen auch ein Weilchen bei uns wohnen lassen?
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Bilder: © Halfpoint via iStock
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